Orange Is the New Black: Crazy Eyes



Ist der Frauenknast in Orange Is the New Black ein Spiegel der (amerikanischen) Gesellschaft? Keine Ahnung! In jedem Fall jedoch ist er ein Sammelbecken für vielerlei Konflikte, Macken und Neuröschen. 

Da ist zum Beispiel Crazy Eyes, die eigentlich Suzanne heißt, sich aber durch ihr auffällig eigenartiges, so penetrant wie ungeschicktes Kontaktverhalten ihren unrühmlichen Spitznamen eingehandelt hat. 
Ob Crazy Eyes wirklich crazy ist, ist schwer zu sagen. Einige ihrer Verhaltensweisen sprechen dafür, dass sie möglicherweise ein Asperger-Syndrom, eine Form des Autismus, haben könnte. Diese wird in der internationalen Klassifikation psychischer Störungen (ICD-10: F84.5) durch vier Kriterien definiert:
  • Qualitative Abweichungen der wechselseitigen sozialen Interaktionen
  • Eingeschränktes, stereotypes, sich wiederholendes Repertoire von Interessen und Aktivitäten
  • Keine allgemeine Entwicklungsverzögerung
  • Kein Entwicklungsrückstand der Sprache
Als qualitative Abweichung in der sozialen Interaktion könnten Suzannes Schwierigkeiten gelten, sich in andere hineinzuversetzen und deren Motive und Gefühle zu verstehen. Darum braucht sie so lange, um zu verstehen, dass Piper sie nicht liebt und wird in Staffel 2 ein so leichtes Opfer für Vees manipulative Intrigen. 
Ihre eigenartige Begeisterung für das Putzen könnte man als Spezialinteresse, und somit ebenfalls als Hinweis auf ein Asperger-Syndrom, sehen. 
Die beiden Ausschlusskriterien, welche das Asperger-Syndrom vor allem gegenüber anderen Störungen aus dem Autismus-Spektrum abgrenzen, liegen bei Suzanne nicht vor, denn trotz ihrer Ungeschicktheit im zwischenmenschlichen Umgang, die sie manchmal beschränkt wirken lässt, ist sie intellektuell und sprachlich eigentlich gut, vielleicht sogar sehr gut, begabt. 
Ob Suzanne ein Asperger-Syndrom hat, ließe sich mit größerer Sicherheit sagen, wenn wir wüssten, ob ihr soziales Interaktionsverhalten schon in der frühen Kindheit gestört war, oder nicht. Bis zum Ende der aktuellen zweiten Staffel bleibt jedoch offen, ob Suzanne durch eine psychische Störung zur Außenseiterin wurde, oder ob das Außenseiterdasein über die Jahre zu ihrem ungeschickt-verbissenen Beziehungsverhalten geführt hat. 
Ein klassisches – in der Psychiatrie nicht seltenes – Henne-Ei-Dilemma!

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4 Kommentare

  1. Vieles spricht dafür, dass sie auch damals schon Probleme hatte, mit anderen adäquat in Kontakt zu gehen. Andererseits hatte sie es natürlich auch schwer und hätte sich vielleicht mit mehr Akzeptanz und Unterstützung besser entwickeln können. Für eine komplexe und schwerwiegende Diagnose wie das Asperger-Syndrom noch immer zu wenig Gewissheit.

  2. Heute erst deinen Blog gefunden, der echt super interessant ist und mich bei einigen Vermutungen als Psychologiestudentin bestätigen lässt- Danke! 😉

    Aber nun hier zum Eintrag. Ich hab mich nun auch schon ein wenig mit der Rolle beschäftigt und würde eher sagen, dass man eventuell bei Suzanne von einer Intelligenzminderung und vielleicht auch geistigen Behinderung ausgehen könnte. Somit würde ich bei frühkindlichen Autismus mitgehen, da sie atypische Verhaltensweisen zeigt (bspw. Sich gegen den Kopf schlagen) zeigt.
    Beim Schreiben dieses Eintrags fällt mir auch ein Buch ein (Papa, ich will doch nur sterben von Michael Schofield), wo das Leben eines schizophrenen Kindes beschrieben wird. Kann man auch von wahnhaften Symptomen bei Suzanne ausgehen? Mir fallen einige Szenen ein, wo sie für sich erzählt, sich selber schlägt oder beim Verhör sitzt, weil sie verdächtigt wird, Red angegriffen zu haben. In dem Buch schlägt sich das Mädchen auch selbst, weil sie sich den Stimmen wehren möchte.
    Wie könnte man es auch erklären, dass sie in der Rolle von V eine Art Schutzperson sieht? Vielleicht, weil sie als Kind adoptiert wurde und sich nie mit ihren (ich sag das mal so flapsig) „weißen“ Familienmitgliedern und deren Umfeld identifizieren konnte?

    Aber nur Spekulation- vielleicht kannst du mir ja sagen, ob das Sinn macht.

  3. Danke für diesen Kommentar – und sorry für die späte Antwort. Bei frühkindlichem Autismus mit geistiger Behinderung kann ich auch mitgehen. Für Schizophrenie sehe ich eher keine Anhaltspunkte.