Southpark: Depression als zynisches A****loch

Die Depression ist nicht nur eine der häufigsten, sondern wahrscheinlich auch die bekannteste psychische Erkrankung. Im Gegensatz zu den ebenfalls sehr häufigen Angststörungen, welche in viele verschiedene Unterformen differenziert werden, wird bei Depressionen nach der aktuell gebräuchlichen diagnostischen Klassifikation lediglich nach Schweregrad unterschieden, was dazu führt, das sich ein und dieselbe Diagnose – ICD-10 F32: Depressive Episode (bei erstmaliger Erkrankung) oder F33: Rezidivierende depressive Störung (bei wiederholtem Auftreten) – zum Teil sehr unterschiedlich darstellt. Während die drei Hauptsymptome
  • Niedergeschlagenheit
  • Antriebslosigkeit
  • Freud- und Interessensverlust
fast immer vorliegen, variiert die Begleitsymptomatik individuell erheblich. Gereiztheit und Aggressivität können ebenso auftreten, wie Selbsthass und Suizidalität. Extreme Müdigkeit und exzessives Schlafen, ebenso wie Schlaflosigkeit und Unruhe. Grübeln sowie Vergesslichkeit und Konzentrationsstörungen. Sozialer Rückzug und Scham ebenso wie übersteigerte Kompensation durch Feiern, Sex, Alkohol und Drogen.
Da wundert es nicht, dass ebenso bunt und vielseitig wie die realen Erscheinungsformen der Depression auch deren Darstellungen in der Popkultur sind.
Da gibt es ziemlich realitätsnahe Darstellungen von Depressionen, wie z.B. in Bojack Horseman, Fleabag oder auch dem immer wieder sehenswerten Film Little Miss Sunshine. Es gibt Depressionen in Welten, in denen es eigentlich gar keine Depressionen gibt, wie z.B. die von König Theoden in Herr der Ringe. Und es gibt jede Menge originelle Metaphern, wie den berühmten schwarzen Hund schwarzen Hund (WHO) oder die  Dementoren aus Harry Potter (themighty.com).
 
Auf eine weitere, ziemlich spezielle Sichtweise von Depressionen wurde ich neulich aufmerksam gemacht: In einer Doppelfolge von Southpark (S15E7+8) leidet Stan nach der Trennung seiner Eltern, welche das Ende seiner unbeschwerten Kindheit markiert unter dem Cynical Asshole Syndrome.
Er ist permanent niedergeschlagen (Kernsymptom 1 der Depression), findet keinen Antrieb mehr, um z.B. etwas mit seinen Freunden zu unternehmen (2) und – ganz Southpark – sein Lieblingsessen schmeckt auf einmal wie Scheiße, seine Lieblingsmusik klingt wie Scheiße, Kinofilme sind scheiße (Kernsymptom 3: Freud-/Interessensverlust). Er wird zynisch, gereizt, in sich gekehrt, fühlt sich unverstanden und entfremdet, zieht sich sozial zurück: Häufige Begleitsymptome depressiver Störungen. Stan hat eine handfeste Depression – und nicht etwa das ihm in der Serie fehldiagnostizierte Asperger- („Ass-Burger-„) Syndrom.
Wer nun auf ein Happy End, oder such nur die Erwähnung konstruktiver Behandlungs- oder Bewältigungsansätze hofft, ist in der falschen Serie gelandet. An Stans Gefühl, dass alles scheiße ist und ihn niemand versteht, ändert sich nichts mehr. Wie nicht wenige Menschen mit unbehandelten und unverstanden Depressionen legt er sich eine fröhliche Fassade zu und betäubt seine echten Gefühle mit Alkohol. Cheers, Stan!

Angebote zur Soforthilfe bei Depressionen und Suizidalität gibt es hier: https://www.deutsche-depressionshilfe.de/depression-infos-und-hilfe/wo-finde-ich-hilfe/krisendienste-und-beratungsstellen 
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