Transparent: Die Geschichte von Mort und Maura

Die Amazon-Serie Transparent dreht sich um den Politikprofessor Mort Pfefferman, der sich eines Tages, bereits im Rentenalter, dazu entschließt, fortan als Frau namens Maura zu leben. Mort ist transsexuell, das bedeutet, sein Körper ist anatomisch und hormonell männlich, dennoch empfindet er sich selbst kognitiv und emotional als Frau.

In den ersten Folgen begleiten wir Mort bei einem schrittweisen Outing und erleben, wie sein Umfeld darauf reagiert. Auch Morts Ängste vor Ablehnung und Stigmatisierung werden in seiner Vorsicht, seinem Zögern deutlich – gerade gegenüber den eigenen Kindern, da ihm die Beziehungen zu diesen besonders viel bedeuten.

Tatsächlich fällt es den Kindern nicht leicht, mit der äußeren Veränderung ihres Vaters umzugehen. Obwohl sie ihn lieben. Obwohl sie allesamt liberal und weltoffen eingestellt sind. Trotz eines gewissen Hangs zu sexueller Unkonventionalität und Experimentierfreude. Und obwohl sie selbst immer wieder Mühe damit haben, herauszufinden, wer und wie sie eigentlich sind.

Auch die Psychiatrie hat sich mit der Akzeptanz von Transsexualität bisher schwer getan. Während der überwiegende Teil praktisch tätiger Psychotherapeuten Transsexualität nicht als krankhaft begreift, findet sie sich in der aktuellen internationalen Klassifikation psychischer Störungen (ICD-10: F64.0) unter der Rubrik Persönlichkeits- und Verhaltensstörungen noch immer als Störung der Geschlechtsidentität unter der folgenden Definition:
Konstanter Wunsch, als Angehöriger der andren Geschlechtes zu leben und als solcher akzeptiert zu werden, in der Regel (aber nicht zwingend) verbunden mit dem Wunsch, den eigenen Körper durch chirurgische und hormonelle Behandlungen dem bevorzugten Geschlecht anzugleichen.
Es gehört zur traurigen Geschichte der Psychiatrie, dass die Notwendigkeit, Krankheiten zu definieren, immer wieder zur Pathologisierung von Erleben und Verhalten führt, das von der Norm, also vom Durchschnitt abweicht. So wurde zum Beispiel Homosexualität erst 1992 (!) mit erscheinen der zehnten Auflage der internationalen Krankheitsklassifikation (ICD-10) aus dem Katalog psychischer Störungen gestrichen und als gesunde Variante menschlichen Seins anerkannt.
In der elften Auflage (ICD-11), die voraussichtlich 2017 verbindlich eingeführt werden soll, wird sich auch die Transsexualität nicht mehr als psychische Störung finden.

Andere Fragen bleiben hingegen offen: Wann wird Traurigkeit zur Depression, wann Aufgedrehtheit zur Hyperaktivität, PMS zur Prämenstruellen dysphorischen Störung…

Fakt ist – und das lehrt uns, nicht nur an Mauras Beispiel, auch Transparent mit seinen vielen unkonventionellen und mehrschichtigen Figuren – dass Menschen unterschiedlich sind und jeder Mensch in vielerlei Hinsicht mehr oder weniger stark vom Durchschnitt abweicht. Wer darunter leidet braucht Hilfe, die anderen Verständnis und Respekt.

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