Buchbesprechung: Winter is coming – die mittelalterliche Welt von Game of Thrones

Der Theiss Verlag hat mir ein Exemplar des Buches Winter is Coming – Die mittelalterliche Welt von Game of Thrones geschenkt, mit der Bitte, es zu rezensieren.
Wohl an: In Winter is Coming analysiert die englische Literaturwissenschaftlerin Carolyne Larrington Handlungsstränge, Figuren und Schauplätze sowohl aus der Serie Game of Thrones, wie auch aus der literarischen Vorlage A Song of Ice and Fire, im Hinblick auf historische Vorbilder und Entsprechungen. Das Buch ist anhand der Geographie von Westeros (und Essos) gegliedert und unterteilt in die Kapitel

  • Das Herz des Landes
  • Der Norden
  • Der Westen
  • Jenseits der Meerenge
  • Der Osten
Innerhalb dieser Kapitel werden in Unterkapiteln Figuren, Institutionen und Orte der jeweiligen Region behandelt. Diese könnte man eigentlich auch gut separat, bzw. in der Reihenfolge individuellen Interesses lesen, wofür allerdings ein detailliertes Inhaltsverzeichnis wünschenswert gewesen wäre. (Demgegenüber positiv hervorzuheben ist die gewissenhafte Kennzeichnung von Spoilern).
So liegt es dann doch nahe, sich von Vorne nach Hinten durchzulesen, wofür jedoch schon ein nicht unerhebliches Maß an Interesse für frühe Geschichte notwendig ist und einfaches Game of Thrones-Fantum vermutlich nicht ausreicht. Ersteres gegeben, darf man sich jedoch auf detail- und kenntnisreiche Einführungen in eine Vielzahl historischer Themen, ausgehend von George R. R. Martins Fiktionen freuen. Dass hierbei die ein oder andere Parallele zwischen Geschichte und Geschichten auch mal ein Bisschen konstruiert anmutet, lässt sich wohl nicht vermeiden und ist zu verkraften.
Und so werden bei dieser Reise in die Geschichten von Westeros und die Vergangenheiten unserer Welt auch scheinbar universell menschliche psychologische Muster auf eindrückliche – und oft genug bedrückende – Weise sichtbar.

aber eben auch die fast zwangsläufige Korrumpierung religiöser Dogmen durch autoritäre und narzisstische Motive einzelner, mehr oder weniger charismatischer, Hasardeure.
Oder der historische rote Faden der Entwertung, Misshandlung und Diskriminierung von Frauen, von der nicht nur Cercei und Sansa ein Lied singen können. Dabei sind die psychologischen Mechanismen dort und damals nicht anders als hier und heute. Wenn der lustfeindliche alte High Sparrow Cercei (und Loras) Unkeuschheit vorwirft, dann sind dies Projektionen seiner eigenen verdrängten Bedürfnisse, welche (offen) zu leben ihm das Dogma seiner Religion verbietet, gegen welches er sich dennoch nicht wenden mag, weil es ihm Macht, Ansehen, Selbstwertgefühl und Lebenssinn sichert. Dies ist auch der Grund für die ansonsten völlig unnötige Sexualisierung des Strafrituals: Wenn die Königin nackt durch die Stadt gejagt wird, lassen sich die verbotenen sexuellen Phantasien wenigstens voyeuristisch etwas befriedigen.
So wie dem High Sparrow ging es auch den guten (männlichen) Christenmenschen des Mittelalters, die sich ihren eigenen Ehebruch und die selbst begangenen Vergewaltigung nur so zu erklären wussten, dass ihre Opfer, mit dem Teufel im Bunde, ihre edlen Sinne verhext haben müssten.
Hier lässt sich einer von vielen Bögen in unsere Gegenwart schlagen, wo eigene sexuelle und aggressive Impulse von Männern auf Frauen projiziert werden, wenn Nein Ja heißen und die falsche Kleidung eine Einladung zur sexuellen Belästigung sein soll.

Aber, ich schweife ab. Winter is Coming ist das ideale Weihnachtsgeschenk für den etwas breiter interessierten Game of Thrones-Fan und in der Lage die Wartezeit auf Staffel 7 unterhaltsam zu versüßen.

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