Dexter: Dexter

Dexter Morgan, der sympathische Serienkiller aus dem sonnigen Miami – man muss ihn einfach mögen.
Dexter ist forensischer Blutspurenspezialist bei der Mordkommission der Polizei von Miami. Er ist der nette, harmlose, in seiner scheinbaren Schüchternheit irgendwie charmante Labornerd, der die Kollegen mit Donuts und genialen forensischen Analysen beglückt. Sogar eine Freundin mit zwei süßen Kindern hat er sich zugelegt, um die er sich rührend geduldig und verständnisvoll kümmert.
Nachts jedoch treibt es ihn immer wieder hinaus in die düsteren Winkel Miamis und der Conditio Humana, wo er seine Opfer aufspürt und ermordet. In der Regel handelt es sich dabei um Menschen, die aus niederen Motiven selbst gemordet haben und von der Justiz nicht belangt werden konnten. Dexters Antrieb ist aber nicht Selbstjustiz im Dienste der Gerechtigkeit, sondern ein innerer, unstillbarer Drang zu töten, dem er nicht dauerhaft widerstehen kann und den er durch die gezielte Auswahl seiner Opfer lediglich in vermeintlich richtige Bahnen zu lenken versucht. Dies hat zur Folge, dass er selbst wiederholt Ermittlungen sabotiert, um die dann entkommenen oder entlasteten Täter selbst zur Strecke bringen und sein Verlangen stillen zu können.

Dexters Drang zu morden begleitet ihn bereits seit der Kindheit und war offenbar niemals über längere Zeit erloschen. Dabei ist er durchaus in der Lage, die Umsetzung für einige Zeit aufzuschieben, zum Beispiel um nach einem geeigneten Opfer zu suchen oder eine günstige Gelegenheit abzuwarten. Dadurch wächst jedoch seine innere Anspannung und es fällt ihm immer schwerer, sich zurückzuhalten. Seine Gedanken engen sich zunehmend auf das Töten ein, bis es ihm kaum noch möglich ist, sich auf anderes zu konzentrieren, um in seinem Alltag zu funktionieren. Mit der Zeit hat er ein festes Ritual entwickelt, das er bei der Tötung seiner Opfer zumeist rigide befolgt und dessen Einhaltung einen maßgeblichen Teil seiner Befriedigung und Erleichterung durch das Morden ausmacht. Wenngleich Dexter seinen Drang als „dunklen Begleiter“ bezeichnet, ist er sich doch im Klaren darüber, dass er aus seinem Inneren, seiner eigenen Psyche entspringt und nicht etwa auf mystische oder magische Weise von außen eingegeben ist. Ebenso realisiert Dexter, dass sein Verhalten extrem ist und von fast allen anderen Menschen nicht akzeptiert, geschweige denn verstanden werden würde. Dexter ist nicht in der Lage, das Morden aufzugeben, wenngleich er dadurch immer wieder in extrem bedrohliche Situationen gerät: Mehrfach steht er kurz davor, erwischt zu werden, was in Florida die Todesstrafe bedeuten würde. Auch Personen die ihm nahe stehen, werden durch seine Aktivitäten gefährdet, mitunter sogar getötet. Nicht zuletzt ist er durch sein Doppelleben permanent extremem Zeitstress und chronischem Schlafmangel ausgesetzt.

Damit können wir Dexter eine Zwangsstörung, bei der Zwangshandlungen, sogenannte Zwangsrituale, im Vordergrund stehen (ICD-10: F42.1), diagnostizieren. Diese ist durch die folgenden Kriterien definiert:

  • Zwangsgedanken und/oder Zwangshandlungen treten über einen Zeitraum von mindestens zwei Wochen an den meisten Tagen auf
  • Sie werden als Produkte des eigenen Geistes erkannt und nicht als von Personen oder äußeren Einflüssen eingegeben betrachtet
  • Sie treten wiederholt auf, werden als unangenehm und zumindest teilweise unangemessen erlebt
  • Der Betroffene versucht, sie zu unterdrücken. Mindestens ein Zwangsgedanke oder eine Zwangshandlung kann nicht erfolgreich unterdrückt werden
  • Die Zwangshandlung ist an sich nicht angenehm (dies ist zu unterscheiden von einer vorübergehenden Erleichterung von Anspannung oder Angst)
  • Die Zwangsgedanken oder Zwangshandlungen verursachen Beschwerden oder soziale Probleme
Im Verlauf der Serie erfährt Dexter (und mit ihm der Zuschauer) immer mehr über seine Vergangenheit. Er findet heraus, dass er im Alter von drei Jahren Zeuge des extrem sadistischen Mordes an seiner Mutter wurde, was er fortan als Ursache seiner psychischen Störung ansieht. Wir können jedoch davon ausgehen, dass bei deren Manifestation zumindest zwei weitere Faktoren eine wichtige Rolle gespielt haben:
Erstens war Dexters Mutter akut drogenabhängig. Dies, sowie ihr krimineller Umgang und die Affäre mit einem verheirateten, notorisch fremdgehenden Polizisten, für den sie gleichzeitig als Informantin tätig war, sprechen für eine nicht allzu gefestigte psychische Struktur. Folglich dürften Dexters frühe Beziehungserfahrungen oftmals verwirrend, ängstigend, enttäuschend und verunsichernd gewesen sein, weshalb wir annehmen können, dass seine psychische Struktur zur Zeit des Traumas bereits fragiler und somit störungsanfälliger war, als die von durchschnittlichen Dreijährigen.
Zweitens wurde Dexters Verarbeitung des traumatischen Erlebnisses über Jahre hinweg von seinem Ziehvater Harry, einem Cop alter Schule, geprägt. Dieser enthielt ihm psychotherapeutische Hilfe vor und vermittelte ihm stattdessen sein klassisch dichotomes Verständnis von gut und böse. Unablässig betrieb er die Abspaltung des traumatisierten Anteils als böses „Monster“, welches in Dexters Innerem lauern und in Form des Drangs zu töten an die Oberfläche drängen würde. Er hielt dieses Monster für nicht kontrollierbar und sah somit die einzige Möglichkeit der Schadensbegrenzung für Dexter und die Allgemeinheit darin, den Impuls wenigstens auf die, aus seiner Sicht, richtigen Opfer zu lenken.
Wir dürfen annehmen, dass Harry damit auch eigene Fantasien, die Bösen jenseits gerichtlicher Bürokratie gerecht bestrafen zu können, auf Dexter projizierte.
Dadurch blieb Dexter die Möglichkeit, seine Gefühle und Impulse besser zu verstehen und dadurch das Trauma adäquat zu verarbeiten, verwehrt. In einer Therapie hätte er lernen können zu begreifen, dass durch den brutalen Mord an seiner Mutter seine kindliche Welt in ihren Grundfesten erschüttert wurde. Nichts konnte mehr als sicher gelten. Seine eigene Existenz, sowie alles was er liebte und brauchte, waren in einer Welt, in der etwas so schreckliches geschehen konnte, fundamental bedroht.

Diese Wahrnehmung kann die Seele eines Dreijährigen nicht verkraften, weshalb Dexters Psyche verschiedene Abwehrmechanismen einsetze um ihre Funktionalität irgendwie aufrecht zu erhalten: Erstens spaltete Dexter die Erinnerung an das Trauma über viele Jahre komplett ab, verdrängte das Erlebnis ins Unbewusste. Zweitens, quasi als Schutz vor eventuell doch ans Licht kommenden Erinnerungen, identifizierte sich Dexter unbewusst mit der einzigen Person, die angesichts der unfassbaren Gewalttat nicht um ihr Leben fürchten musste: Dem Mörder.





Das Dilemma, dass die einzige Sicherheit gebende Identifikationsfigur gleichzeitig auch zutiefst ängstigend und verhasst war, wurde durch eine nur unvollständige, gleichsam widerwillige Identifikation gelöst. Psychoanalytiker sprechen von einem „Täterintrojekt“: Dexter nimmt selbst die Rolle des Mörders ein und kann somit (gefühlt) nicht mehr zum Opfer werden.
Gleichzeitig erlebt er den Impuls zu morden aber als etwas störendes, falsches, eigentlich nicht zu ihm passendes. Er legt größten Wert darauf, sich von den anderen Mördern, die Unschuldige umbringen, zu unterscheiden und bringt sie, stellvertretend für den nicht internalisierten Teil des Mörders seiner Mutter, immer wieder um.

Dexter wurde also Opfer, machte sich, um die Opferrolle zu verlassen, selbst zum Täter, und vermeidet die Schuldgefühle eines Täters, indem er die Schuld auf andere Täter projiziert, die er dann zu gerechten Opfern macht.
Die Komplexität dieser Abwehrkonstruktion lässt bereits vermuten, dass das nie lange gut gehen kann. Und tatsächlich, nach jedem Mord dauert es nicht lange, bis der Zwang sich wieder meldet und unaufhaltsam auf Umsetzung drängt. All die verdrängten Gefühle (Angst vor der Destruktivität der Welt, Trauer um die Mutter, Hass auf deren Mörder, Schuldgefühle wegen der eigenen Täterschaft…) drängen ins Bewusstsein und drohen, Dexters sensibles psychisches Gleichgewicht zu zerstören, was ihn immer wieder dazu zwingt, dieses wieder in Ordnung zu bringen.
In seinem Tötungsritual wird das eindrucksvoll deutlich: 

  • Der ganze Raum wird sorgfältigst mit Plastikfolie ausgekleidet: Das Morden ist hier sauber, fast ein Akt der Reinigung, schmutzig sind die anderen Mörder – nicht Dexter. 
  • Vor ihrem Tod werden die Opfer mit den Opfern ihrer eigenen Gräueltaten konfrontiert: Dem Bösen wird damit ein fester Ort zugewiesen. Es ist im Anderen zu Hause, nicht bei Dexter. 
  • Dexter behält von jedem Opfer einen Blutstropfen auf einem Objektträger, welche er, fein säuberlich geordnet, in seiner Wohnung aufbewahrt: Das Opfer wird damit zur Fallnummer, zu einem Stück DNS unter vielen, somit entmenschlicht. Dexter ist ein Sammler, ein Wissenschaftler, so einer ist nicht wirklich böse. Brutale Mörder, und damit schuldig, sind die Anderen. 
Dexter selbst sieht sich (durch Harry dahingehend indoktriniert) als hoffnungslosen Fall. Der Kreislauf aus Zwangsgedanken, Mord, Erleichterung und erneutem Aufkommen der Zwangsgedanken wird solange weitergehen, bis er eines Tages gefasst und für seine Taten gerichtet wird. Davon geht Dexter, zumindest zu Beginn der Serie, fest aus.
Als Zuschauer haben wir allerdings durchaus Grund zur Hoffnung: Dexter verlässt zunehmend seine resignativ selbstgewählte innere Isolation. Die Bindungen, die er zunächst nur als Fassade eingegangen ist, lassen ihn nicht unberührt. Er entdeckt warme, emotionale Seiten in sich (dem vermeintlichen Monster) und dunkle, verborgene Seiten in den (vermeintlich guten) anderen, welchen er sich dadurch doch hin und wieder zugehörig fühlen darf.
Es beginnt eine schrittweise Ablösung von Harrys simplifizierender Ideologie, die er zunehmend nicht mehr als seine eigene betrachtet, sich aber auch noch nicht vollständig von ihr lösen kann, was sich in Form von halluzinierten Zwiegesprächen mit dem verstorbenen Harry niederschlägt: Dexter sieht Harry, hört seine Stimme und erlebt die darin geäußerten Gedanken als Harrys, nicht als seine eigenen.
Diese Symptome rechtfertigen zwar die Diagnose einer Paranoiden Schizophrenie (ICD-10: F20.0). Da uns aber weder Hinweise auf frühere schizophrene Episoden vorliegen, noch ein kognitiver oder motorischer Abbau erkennbar wäre, ist die Prognose günstig.
Wir können davon ausgehen, dass Dexter sich auf diese Weise nach und nach von Harry, seinen Zuschreibungen und Lösungsstrategien verabschiedet.
Und wir dürfen hoffen, dass er sich eines Tages vielleicht auch von seinem Zwang lösen und die Komplexität seiner Gefühle und Persönlichkeitszüge mithilfe realer zwischenmenschlicher Beziehungen zulassen und aushalten kann.
Bis dahin wünschen wir uns nichts sehnlicher, als dass der liebenswürdige, zigfache Serienkiller auch weiterhin ungeschoren davonkommt.

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14 Kommentare

  1. Guten Tag Herr Gebele,

    im Moment schreibe ich meine Seminararbeit zum Thema Psychopathie in Filmen. ich würde nach Ihrer ausführlichen Diagnose zu Dexter interessieren, ob und wie sie Dexter als Psychopathen einstufen würden. Leider habe ich kein Kontaktformular entdecken können, deswegen hoffe ich, dass sie meinen Kommentar lesen und mir vielleicht Ihre Einschätzung per Email zukommen lassen könnten. Es wäre mir eine sehr große Hilfe und ich hoffe von Ihnen eine Rückmeldung zu bekommen! Meine Emailadresse: a.mstotz@yahoo.de

    Danke und LG

  2. Liebe Maria,
    danke für den Kommentar.
    Ich mag den Begriff Psychopath nicht besonders, weil er meiner Wahrnehmung nach inzwischen weit mehr als Schimpfwort, denn im Sinne einer wissenschaftlichen Diagnose verwendet wird. Dadurch wird ein Zusammenhang zwischen psychischer Krankheit im allgemeinen und Grausamkeit/Kriminalität suggeriert, der stigmatisierend und falsch ist.
    Das Konzept Psychopathie ist auch nicht mehr notwendig, da das ursprünglich gemeinte Störungsbild mit der Diagnose der dissozialen Persönlichkeitsstörung abgedeckt wird, von der Psychopathie eine Form mit extrem starker Symptomausprägung darstellt. Zudem gilt Psychopathie als angeboren und vernachlässigt damit psychosoziale Krankheitsursachen.
    Die Faszination für Psychopathen im Film kommt daher, dass sie das Böse verkörpern und uns im Zusammenspiel mit dem Helden erlauben, unsere inneren Konflikte bildhaft dargestellt zu sehen.
    Und nun zu Deiner Frage: Dexter wird zu Beginn der Serie als Psychopath im Sinne des ursprünglichen Konstruktes eingeführt. Dann lernen wir jedoch, dass er sehr wohl empathiefähig und verantwortungsbewusst ist. Sein rituelles Morden und die pathologische Abspaltung seines dunklen Begleiters sind die Folge des Traumas und von Harrys Indoktrinierung. Das alles passt nicht zum klassischen Psychopathen. So wie eben meist mehr dahinter steckt. Je komplexer und damit tendenziell realistischer die Figur wird (auch wenn Dexter insgesamt eher unrealistisch bleibt), umso weniger kann ihr Fühlen und Handeln durch das Konstrukt Psychopathie nachvollziehbar erklärt werden. Doch genau das ist der Sinn psychiatrischer Diagnosen.
    Fazit: Psychopathie ist eher dramaturgisch als psychologisch interessant und eignet sich damit für spannende, aber eher einseitige Figuren, wie zum Beispiel den Joker aus The Dark Knight oder Frank Underwood aus House of Cards.
    Viel Erfolg bei der Seminararbeit!

  3. Ob Dexters handeln darauf beruht das er Mörder hasst hmmm? ??Davon sagt er in der Serie meines Wissens nichts. Er hat auch gesagt das er nicht aus Rache tötet sondern nur den Kodex seines Stiefvaters befolgt damit er nicht auf dem elektrischen Stuhl landet.

  4. Dass Dexter Mörder im Allgemeinen hasst, wäre mir auch zu pauschal. Das Spannende ist ja gerade die Ambivalenz: Den Mann, der seine Mutter ermordet hat, hasst er (dass Dexter selbst nicht von Hass oder Rache spricht, hat nichts zu bedeuten – es sind ja Unbewusste Motive*).
    Gleichzeitig ist Dexter, in dessen Wahrnehmung der Welt es (infolge des frühen Traumas und Harry Indoktrinierung) nur Täter und Opfer gibt, mit der Rolle des Mörders identifiziert, weil nur sie ein Gefühl von Sicherheit und Überlegenheit ermöglicht. Aufgrund dieser komplexen Ambivalenz ist sein eigenes Morden so zwanghaft, so abgespalten. Wir mögen ihn ja deswegen, weil er selbst damit hadert, den dunklen Begleiter einerseits oft verflucht, sich andererseits immer wieder gern der Triebbefriedigung durch ihn hingibt. Das spricht uns an, weil es uns von eigenen neurotischen Konflikten (meist hoffentlich mit weniger extremen Auswirkungen) vertraut ist.

    *zum Vergleich: Wie oft sagen wir Dinge wie "Ich bin nicht wütend/beleidigt…" die genauso wenig stimmen?

  5. Es gab mal den echten Serienmörder John Bunting. Der hat wahllos Menschen getötet weil er sie für pädophile hielt. Der Fall wurde bekannt unter "Die Morde von Snowtown ".Also hier war es der Hass auf Pädophile. Bei Dexter der Hass auf Mörder. Auch hier im Fall John Bunting eine eher ungewöhnliche Opferauswahl für einen Serienmörder, selbst wenn er dann letztendlich wahllos gemordet hatte.

  6. Und ob Dexter ein Psychophat ist? Manche sagen ja manche Nein.Also für mich ist er einer,zumindest in den Staffeln 1-6. Klar räumt er die bösen aus dem weg,aber auch nur wegen dem Kodex. Er hat ja auch unschuldige getötet, da war er zwar von bestürzt, aber auch nur weil er den Kodex gebrochen hatte und somit dachte Dexter, jetzt können sie mich fassen, mein Überleben ist in Gefahr.

  7. In meiner Sicht ist er kein Psychopath. In den ersten Staffel kommt er nah ran, ja. Aber, er hat sehr traumatische Ereignisse erlebt und aufgrund der aggressiven Zwangsgedanken die sich auf Mord und Blut fixierten, hielt er sich schon in jungen Jahren für abnormal. Er hat in sehr jungen Jahren bereits Tiere getötet. Es hatte ihn selbst erschrocken, aber wieder hat er sich eingeredet er tut es um seiner Ziehmutter Doris zu helfen,da sie aufgrund des lauten Hundes nicht schlafen konnte. Harry redete ihm ein er sei ein Monster und all den Kram. Das alles ist sehr traurig, wenn man genauer darüber nachdenkt.

  8. Na ja . mag sein. Aber er sagt selber das er keine Emotionen hat und den Kodex folgt er auch nur um nicht auf den elektrischen Stuhl zu landen,also schon total egoistisch. Er denkt also nur an sich. Auch zum Schluss wird auf das Thema Psychophaten eingegangen. .Auch sein Ritual demonstriert Machtausübung über Menschenleben. Er entscheidet wer leben darf und wer nicht.Also ich finde schon das er psychopathische Eigenschaften besitzt,aber auch nicht zu 100%.Ab Staffel 7 wird er menschlicher dargestellt.
    Also ich würde sagen er hat psychopathische Eigenschaften, aber nicht zu 100 %.

  9. Ich kann das Buch von Lydia Benecke empfehlen "Die Psychologie des Bösen "!Da geht es nur um Psychophatie. Sie hatte einen mittelgradigen psychophatischen Interview Partner. Der hatte sich die Serie Dexter angeschaut und meinte das es sehr gut dargestellt ist,auch was Dexter so denkt, kommt ihm sehr nah. Er wunderte sich das Dexter nicht als sexueller sadist dargestellt wurde, weil er selber auch einer ist,einvernehmicher Sadismus natürlich, aber er sagt dann müsste Dexter homosexuell sein und das ist er ja nicht.

  10. Wie gesagt halte ich vom Psychopathiekonzept nicht viel. Dexter ist, gerade weil er anfangs, je weniger wir über ihn wissen, gut hineinzupassen scheint, vielleicht sogar ein gutes Beispiel für dessen Unzulänglichkeit. Wir werden uns bald im Podcast mal ausführlicher damit befasden.

  11. Guten Tag,

    habe mich auch gefragt, was man bei Dexter diagnostizieren würde, habs deswegen gegoogelt und bin hier auf Zwangshandlungen und paranoide Schizophrenie gestoßen. Aber passt das?

    Zwangshandlungen führen ja zu einem Abfall von Angst/Anspannung, derjenige hat Angst sich zu verschuldigen/infizieren und katastrophisiert vor sich hin, was passieren würde, wenn er die Zwangshandlung unterlassen würde. Diese Handlungen durchziehen irgendwann den gesamten Alltag und kosten ohne Ende Zeit, erzeugen Leidensdruck. Und wenn jemand gewalttätige Zwangshandlungen hat (ich könnte jemanden vor die Bahn schubsen), dann eben deswegen, weil es gegen den moralischen Code der Person geht und diese vor sich selbts erschrickt und die Handlung wird am Ende nicht ausgeführt, führt eher zu ausgedehntem Vermeidungsverhalten. Bei Dexter scheint das aber ein expliziter Wunsch zu sein jemanden zu töten und die Ausführung sorgt (so wie ich ihn verstehe) nicht nur für einen Spannungsabfall sondern eben für Genuß.
    Dexter leidet darunter jedenfalls nicht (notwendiges Kriterium für Zwangssstörungen). Und da sind wir am Knackpunkt der Serie/Bücher: Auch sein Umfeld leidet eigentlich nicht darunter. Nur die Menschen, die er tötet, leiden darunter, aber die haben es ja theoretisch verdient. Die Gesellschaft profitiert faktisch sogar von Dexter, dem Wohltäter. Problematisch ist nur, dass er Gesetzgebung, Gericht und Exekutive an sich reißt, das sollte man besser nicht zum allgemeinen Vorgehen erklären und erst das könnte uns berechtigen ihn zu pathologisieren.

    Bei Schizophrenie kann ich auch nicht mitgehen, vielleicht erinnere ich mich nicht mehr genau an die Handlung, aber er war sich nach meiner Erinnerung immer bewusst, dass er nicht wirklich mit Harry spricht sondern alles in seinem Kopf geschieht.

    Wo ich aber vollkommen mitgehen kann ist die frühe Trauma-Geschichte, der dunkle Begleiter passt zu gut als Täterintrojekt etc. Auch interessanter Aspekt, inwiefern Harry da nicht selbst etwas mitgeformt hat, anstatt nach anderen Wegen zu suchen.

    Grüße

  12. Sehr geehrter Mr. Wayne,
    zunächst einmal: Ich bin ein großer Fan Ihrer Arbeit, s. http://charakterneurosen.blogspot.de/2014/04/dark-knight-trilogy-batman.html?m=1
    Zu Dexter: Die Schizophrenie ist sicher nicht so gemeint sondern nur die filmische Veranschaulichung innerer Monologe. Die Zwangstörung bleibt jedoch die einzige Diagnose welche die Ritualisierung des Tötens hinreichend erklärt. Der Leidensdruck muss dabei nicht zu jeder Zeit subjektiv erlebt werden. Wie bei Dexter kann er, gerade bei chronofizierten Störungen, weitgehend rationalisiert sein. Im Podcast zu Dexter gehe ich darauf noch ausführlicher ein: http://charakterneurosen.podcaster.de/cn/cn-13-dexter/
    Beste Grüße nach Gotham,
    Dr. Niklas Gebele

  13. Hallo Herr Dr. Gebele,

    ich habe Ihren Blog gestern entdeckt und kann seither nicht aufhören, darin zu lesen. Ihre Artikel sind spannend und für Psychologie-Laien wie mich verständlich geschrieben. Haben Sie schon die Serie "Hannibal" gesehen? Abgesehen davon, dass die Serie gelungen ist, wäre sie wahrscheinlich das perfekte Thema für Ihre Blog. Ich würde liebend gerne jeden der Hauptcharaktere auf Ihrer Psychoanalyse-Couch sehen.

    Danke für Ihren Blog und viele Grüße 🙂

  14. Die Frage wäre für mich, ob man darin primär/zuerst eine teilweise Identifikation mit dem Täter in dem betreffenden Geschehnis sieht, oder eine Widerholung des gesamten Geschehnisses (wie von außen betrachtet), die einigen Einschrämkungen unterliegt und dadurch nur in der Rolle des Täters und mit Mördern als Opfern möglich ist. Letzteres würde für mich eher die besondere Rolle des Rituals erklären. Dexter tötet in der Serie wohl am häufigsten Mörder, die (auch/vor allem)Frauen und/oder Kinder auf dem Gewissen haben und deren Taten und Opfer er ihnen am Ende nochmal verdeutlicht. Zusammen mit seinem eigenen Akt des Tötens wird daraus eine verschobene Darstellung der Ermordung der Mutter – mit sogar ähnlicher "Praxis" – oder seiner Eigenen (wobei der Tod für den Jungen im Schiffscontainer so absehbar gewesen sein muss, als dass sich Phantasie und Wirklichkeit vermischt haben). Ich denke Dexter ist nicht so sehr an die Figur des Täters gekettet, um zu verdrängen, oder langfristig weil nur diese Person in der Szene nicht Opfer ist…sondern verflucht wie der Plattenspieler, der sich aufgehängt hat beim Veruch der Verarbeitung/Übersetzung, dazu immer wieder die selbe Stelle/Szene abzuspielen und nicht darüber hinwegzukommen, weil es (in Lacans Sinne) das ist, was einfach nicht gesagt werden kann, ein Trauma. Darauf aufbauend lässt es sich mit Ersterem natürlich noch ergänzen. Außerdem denke ich durchaus, dass Dexter ein Gewissen hat und das die konkrete Umsetzung des Wiedeholungszwangs ebeno beeinflusst. Aber diese komische Psychologin in der letzten Staffel trifft es in dem Punkt eigentlich ganz gut, wenn sie meint, dass Dexter "diesen Container nie verlassen kann"