- Exzessive Beschäftigung mit Details, Regeln, Ordnung, Organisation und Plänen
- Extremer Perfektionismus
- Unverhältnismäßige Leistungsbezogenheit unter Vernachlässigung zwischenmenschlicher Beziehungen
- Übertriebene Pedanterie und Befolgen sozialer Konventionen
- Rigidität und Eigensinn
- Bestehen darauf, dass andere sich exakt den eigenen Gewohnheiten unterordnen
- Abneigung dagegen, andere etwas machen zu lassen
Minderwertigkeit & Allmacht in Transcendence
In Transcendence wird aus dem zunächst ganz sympathischen Wissenschaftler Dr. Will Caster eine Art virtueller Übermensch, dessen einziger Antrieb die Ausweitung seiner eigenen Macht zu sein scheint.
- Wer sich selbst als Teil einer Gemeinschaft und die Beziehungen innerhalb dieser Gemeinschaft als helfend, wohltuend und stabil erlebt, kann die eigenen Unvollkommenheiten durch Beziehungen zu anderen Menschen kompensieren. Er wird die eigenen Schwächen akzeptieren und die Stärken der anderen als hilfreiche Ergänzungen annehmen und begrüßen können. Dieses Erleben nannte Adler Gemeinschaftsgefühl.
- Wer von anderen nicht die Anerkennung und Unterstützung bekommt, die nötig sind, um das eigene Minderwertigkeitsgefühl kompensieren und aushalten zu können, der wird sich durch deren Fähigkeiten und Stärken umso mehr minderwertig und bedroht fühlen. Er wird vor allem nach Macht als Mittel zur Überhöhung über andere und somit zur Bekämpfung des eigenen Minderwertigkeitsgefühls streben.
New Girl: Nick & Schmidt
Last Samurai: Wie man wird, was man ist
Bevor Nathan Algren der letzte Samurai wurde, war er Captain in der US-amerikanischen Armee und Teilnehmer an den Indianerkriegen, in welchen er an grausamen Kriegsverbrechen beteiligt war.
- Erlebnis von außergewöhnlicher Bedrohung, das bei fast jedem eine tiefe Verzweiflung hervorrufen würde
- Anhaltende Erinnerungen an das traumatische Erlebnis oder wiederholtes Erleben des Traumas in sich aufdrängenden Erinnerungen
- Innere Bedrängnis in Situationen, die der Belastung ähneln oder damit in Zusammenhang stehen, Tendenz zur Vermeidung solcher Situationen
- Teilweise oder vollständige Unfähigkeit, sich an das belastende Erlebnis zu erinnern und/oder anhaltende Symptome erhöhter psychischer Sensitivität und Erregung
- Starkes Verlangen oder Zwang, die Substanz zu konsumieren
- Verminderte Kontrolle über den Konsum oder erfolglose Versuche, den Substanzkonsum zu verringern oder zu kontrollieren
- Körperliches Entzugssyndrom
- Toleranzentwicklung: Bei fortgesetztem Konsum derselben Menge treten deutlich geringere Effekte auf
- Aufgabe oder Vernachlässigung anderer Interessen. Hoher Zeitaufwand für die Beschaffung und den Konsum der Substanz
- Anhaltender Substanzkonsum trotz schädlicher Folgen
Howard Wolowitz & Barney Stinson
Das Böse in House of Cards & The Shield
Francis „Frank“ Underwood aus House of Cards und Detective Vic Mackey aus The Shield – Gesetz der Gewalt verbindet auf den ersten Blick nicht viel. Hier der aalglatte Spitzenpolitiker, stets in Anzug und Krawatte, dort der raubeinige Cop, laut, aggressiv und respektlos.
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Gefühl der eigenen Grandiosität und Wichtigkeit
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Phantasien von Erfolg, Macht, Brillanz, Schönheit oder idealer Liebe
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Überzeugung besonders und einzigartig zu sein und nur von anderen besonderen oder wichtigen Menschen (oder Institutionen) verstanden zu werden oder mit diesen verkehren zu müssen
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Bedürfnis nach exzessiver Bewunderung
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Anspruchsdenken und Erwartung bevorzugter Behandlung
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Ausbeuterische Haltung in zwischenmenschlichen Beziehungen
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Mangel an Empathie
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Neid auf andere und/oder Überzeugung, von anderen beneidet zu werden
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Arrogante und hochmütige Verhaltensweisen oder Ansichten
Game of Thrones & die vier Säfte
Die auf Hippokrates (460-370 v. Chr.) zurückgehende Viersäftelehre (auch Humoralpathologie genannt) bildet die Grundlage einer der ältesten Persönlichkeitstheorien überhaupt. Hippokrates nahm an, dass die Gesundheit und Funktionsweise des menschlichen Körpers durch vier Körpersäfte (Blut, Schleim, gelbe und schwarze Galle) gesteuert wird.
Die Lennisters sehen Krisen als Herausforderungen und haben stets die Hoffnung, am Ende zu triumphieren und die eigene Position verbessert zu haben. Gerade diese Eigenschaften finden sich auch bei Tywin. Er scheint vor nichts Angst zu haben und aus jeder Situation seinen Vorteil ziehen zu können. Auch er ist ein stolzer Löwe und brüllt gerne und laut um seinen Ruf zu festigen. Allerdings ist er dabei weniger heiter und offen gegenüber den Freuden des Lebens, als seine Söhne, und in diesem Punkt weniger typisch sanguinisch. Hier zeigen sich bei Tywin auch cholerische Züge. Insgesamt scheint das sanguinische Temperament nur den männlichen Lennisters eigen zu sein, denn Cersei hat eher melancholische Charakterzüge.
Choleriker gelten als kühn, reizbar und unberechenbar. Wir benutzen den Begriff noch heute, um Menschen zu charakterisieren, die unbeherrscht sind und bereits bei Kleinigkeiten aus der Haut fahren können. Das Element der Choleriker ist das Feuer: heiß, schwer zu beherrschen und von großer zerstörersicher Kraft. Wir finden cholerische Charakterzüge bei fast allen bekannten Mitgliedern des Hauses Targaryen, die auch das Feuer in ihrem Wahlspruch „Feuer und Blut“ tragen. Aegon der Eroberer, der irre König Aerys, Viserys und auch Daenerys zeichnen sich allesamt durch hohe Impulsivität und verheerende Wutanfälle aus (einzig Rhaegar könnte von etwas milderem Gemüt gewesen sein).
Der Wahlspruch der Baratheons ist „Unser ist der Zorn“, aber der Zorn ist selten ein cholerischer (wie der Zorn der Targaryens), sondern vielmehr ein stiller, verbitterter und resignierter. Die Baratheons kämpfen nicht, um etwas zu gewinnen (wie die Lennisters), sondern nur noch um ihre Kränkungen zu sühnen. Die Hoffnung auf ein besseres Leben haben sie aufgegeben, es geht im Krieg nur noch darum, den Feind den eigenen Schmerz fühlen zu lassen. In ihrem Wappen tragen die Baratheons den Hirsch, der dem Melancholiker schon in der Viersäftelehre zugeordnet wird. Er ist stolz und majestätisch, aber auch scheu und verletzlich und ein leichtes Opfer für Raubtiere wie Löwen, Wölfe und Drachen.
Phlegmatiker gelten allgemein als antriebslos, langsam, passiv und stur, aber auch besonnen und verlässlich. Diese Eigenschaften kennzeichnen vor allem die Oberhäupter des Hauses Stark. Sie sind plichtergeben und genügsam, ohne hochtrabende Ziele und besonderen Ehrgeiz. Ihre Herrschaftsinteressen erschöpfen sich an den Grenzen des Nordens. Eddard zwingen nur sein Pflichtbewusstsein und seine Loyalität gegenüber König Robert, sich in die Politik der Hauptstadt einzubringen. Und Robb strebt als einziger König nicht nach dem eisernen Thron, sondern kämpft wiederum nur aus Pflichtbewusstsein und Loyalität gegenüber seinem getöteten Vater. Beide sind einerseits zögerlich und wägen Entscheidungen lange ab, was ihre Verbündeten und Gefolgsleute zum Teil irritiert und verärgert. Andererseits sind sie, ist die Entscheidung einmal getroffen, stur und unnachgiebig und nehmen dafür jedwede Konsequenz schicksalsergeben in Kauf.
Den Phlegmatikern wird der Winter zugeordnet, den die Starks in ihrem Wahlspruch tragen: „Der Winter naht“. Als einziger Wahlspruch der großen Häuser von Westeros kündet dieser nicht von der Stärke oder Tugend seines Herrschergeschlechts, sondern benennt eine so allgemeingültige wie unumgängliche Tatsache. Er ist ein Appell an Demut und Gemeinsinn, die Eigenschaften der Starks, denn der Winter ist ein großer Gleichmacher in Westeros und bedroht Könige und Diener aller Häuser gleichermaßen. Die phlegmatische Haltung spricht überdeutlich daraus: Der Winter kommt, Du kannst ihm nicht entkommen und nicht gegen ihn ankämpfen, sondern ihn nur stoisch erdulden und bestenfalls überleben.
Die Menschen (in unserer Welt und in Game of Thrones) lassen sich nicht in vier starre Kategorien einteilen und der menschliche Charakter wird nicht von Körpersäften geprägt. Aber wir alle kennen Menschen mit sanguinischen, cholerischen, melancholischen und phlegmatischen Charakterzügen und wir alle finden diese Tendenzen in unterschiedlicher Ausprägung in uns selbst wieder.
Was zu der Frage führt: Zu welchem Haus gehörst Du?!
Star Trek: Spock & Kirk
Die Star Trek Filme von J. J. Abrams, Star Trek (2009) und Star Trek Into Darkness (2013), rücken das Kennenlernen und die beginnende Freundschaft der beiden Hauptcharaktere Captain James T. Kirk und Commander Spock in dem Mittelpunkt der Handlung.
- Suche nach Spannung und Abenteuer durch riskante Aktivitäten wie z. B. Extremsport, schnelles Fahren etc.
- Suche nach neuartigen, ungewohnten Erfahrungen, z.B. durch einen nonkonformistischen Lebensstil
- Tendenz zur Enthemmung, z. B. durch promiskuitives Verhalten oder Rauschmittel
- Unfähigkeit, Monotonie oder Langeweile auszuhalten
Homeland: Carrie
Im Zentrum von Homeland steht die CIA-Agentin Carrie Mathisen. Carrie leidet unter einer bipolaren affektiven Störung (ICD-10: F31). Die Bezeichnung bipolar bezieht sich darauf, dass das Hauptmerkmal der Störung ein Wechsel zwischen den beiden Extrempolen affektiven Erlebens, Manie und Depression, ist.
Relativ viele Menschen, die unter Stimmungsschwankungen oder widersprüchlichen Gefühlen leiden, meinen sich in mehr oder weniger seriösen Beschreibungen der bipolaren affektiven Störung („himmelhoch jauchzend – zu Tode betrübt…“) wiederzufinden, also „manisch-depressiv“ zu sein. Tatsächlich sind aber die meisten Stimmungsschwankungen völlig normal und eine bipolare affektive Störung mit Krankheitswert recht selten.
In Homeland können wir dagegen viel über eine wirkliche bipolare affektive Störung lernen.
Im Verlauf der Serie erfahren wir, dass Carrie krank wurde, nachdem sie begonnen hatte, aufs College zu gehen. Für eine so ehrgeizige Person wie sie, dürfte das mit einigem Stress verbunden gewesen sein. Zudem hat sich an ihrem ersten Collegetag ihre Mutter von der Familie abgewandt und nie mehr gemeldet, worunter sie beträchtlich gelitten haben muss. Es gibt Hinweise darauf, dass der Weggang Carrie schwerer getroffen hat, als Maggie. Zunächst scheint Maggie die ältere zu sein, möglicherweise war sie bereits in ihrem Leben als Ärztin, Ehefrau und Mutter angekommen und gefestigt, während Carrie gerade erst auf dem Sprung zur Verselbstständigung und entsprechend irritierbar war. Darüber hinaus hat Maggie ein engeres Verhältnis zum zweiten Elternteil, ihrem Vater, der später auch bei ihr lebt. Möglicherweise hatte sie als ältere noch mehr „gute“ Jahre mit ihm, bevor er selbst krank wurde. In ihrem Beruf als Ärztin wird der Wunsch deutlich, für den kranken Vater da zu sein, während sie der Mutter nicht verzeiht, dass sie ihn verlassen hat.
Die Verdrängung der eigenen Schwäche zeigt sich auch in Carries Lebensstil. Sie ist ein Workoholic und definiert sich selbst fast ausschließlich über ihren Beruf. Sie arbeitet viel, ernährt sich ungesund, trinkt zu viel, schläft zu wenig, nimmt ihre Medikamente unregelmäßig und ohne fachärztliche Kontrolle und hat keine stabilen, vertrauensvollen Beziehungen in ihrem Privatleben. Somit finden wir in Carries Alltag nahezu alle Stressoren, die den Ausbruch der Erkrankung begünstigen. Auch das unterscheidet sie von Maggie, deren Leben wesentlich beschaulicher und geregelter zu sein scheint.
Carrie erlebt dabei das Vollbild einer manischen Episode, wie sie in der internationalen Klassifikation psychischer Störungen (ICD-10: F31.1) folgendermaßen definiert ist: Eine Periode abnormer und ständiger gehobener, überschwänglicher oder gereizter Stimmung, die mindestens eine Woche dauert und während der mindestens drei der folgenden Symptome vorliegen:
- gesteigerte Aktivität, motorische Ruhelosigkeit
- gesteigerte Gesprächigkeit, Rededrang
- Ideenflucht oder Gefühl von Gedankenrasen
- Verlust normaler sozialer Hemmungen, was zu unangemessenem Verhalten führt
- vermindertes Schlafbedürfnis
- überhöhte Selbsteinschätzung
- Ablenkbarkeit oder andauernder Wechsel von Aktivitäten oder Plänen
- Tollkühnes oder leichtsinniges Verhalten, dessen Risiken die Betroffenen nicht erkennen
- Gesteigerte Libido oder sexuelle Taktlosigkeit
Im Anschluss an die Manie verfällt Carrie in eine schwere Depression, wobei die Verzweiflung und Hoffnungslosigkeit dabei ein Stück weit auch dem realen Scheitern ihres Lebensentwurfs als nimmermüde, stets überlegene und einsam erfolgreiche Topagentin Rechnung tragen.
Carries psychische Störung spiegelt auch die emotionale Bipolarität ihres Umfeldes wieder. Der in einer als feindlich erlebten Welt manisch-getriebene CIA-Apparat kultiviert seinen Größenwahn, indem er zwanghaft Informationen und Daten sammelt, wahllos Menschen manipuliert und instrumentalisiert und sich über alle legalen und moralischen Grenzen erhebt. Aus dem Kampf um die eigene Daseinsberechtigung ergibt sich der Zwang zur Verbreitung und Rechtfertigung der eigenen Paranoia.
Doch am Ende jeder manischen Jagd auf einen Feind steht immer wieder die Depression. Weil der Feind zwar getötet wurde, aber Hass und Rachedurst der Gegenseite umso stärker brennen. Weil Rückschläge und Fehler nicht verziehen werden. Weil Erfolge von Oben vereinnahmt und Misserfolge dem Einzelnen angelastet werden. Weil Freunde sich als Verräter und Versprechen als Lügen herausstellen. Weil Böse gut und Gute böse sind. Weil letztlich jeder für sich selbst kämpft und alleine stirbt.
Zum Ende der ersten Staffel von Homeland stellt sich Carrie schließlich ihrer Krankheit, gesteht sich ihre Schwäche ein und lässt sich professionell behandeln. Zunächst mit Medikamenten, dann mit Elektrokonvulsionstherapie (EKT). Dabei werden durch Elektroschocks Krampfanfälle des Gehirns ausgelöst und in diesem antidepressive Botenstoffe freigesetzt und regenerative Mechanismen angestoßen. Im Kreise ihrer Familie, mit geregelten Arbeitszeiten, entspannenden Hobbys, Psycho- und Pharmakotherapie hätte sie wohl eine recht gute Prognose gehabt. Doch die Firma hat andere Pläne…
Fight Club & Zwielicht
Beide Filme behandeln, jeweils anhand der von Edward Norton dargestellten Charaktere, das Thema gespaltene Persönlichkeit, oder, im psychologischen Fachjargon Multiple Persönlichkeitsstörung, welche nach IDC-10 (F44.81) wie folgt beschrieben wird:
- Zwei oder mehr unterschiedliche Persönlichkeiten innerhalb eines Individuums, von denen zu einem bestimmten Zeitpunkt jeweils eine in Erscheinung tritt
- Jede Persönlichkeit hat ihr eigenes Gedächtnis, ihre eigenen Vorlieben und Verhaltensweisen und übernimmt zu einer bestimmten Zeit, auch wiederholt, die volle Kontrolle über das Verhalten der Betroffenen
- Unfähigkeit, wichtige persönliche Informationen zu erinnern (zu ausgeprägt für eine einfache Vergesslichkeit)
- Nicht bedingt durch eine hirnorganische Störung oder durch psychotrope Substanzen
- Überzeugender zeitlicher Zusammenhang zwischen den Symptomen und belastenden Ereignissen, Problemen oder Bedürfnissen
In Fight Club spielt Edward Norton den namenlosen Protagonisten, der in der Rezeption häufig Jack genannt wird (im Bezug auf die Zeitschriftenartikel aus der Perspektive der inneren Organe einer Person namens Jack), und der wahrscheinlich die prämorbide Grundpersönlichkeit darstellt. Auf andauernde Gefühle von Sinnlosigkeit und Einsamkeit reagiert Jack zunächst mit heftigen Schlafstörungen (ICD-10: F51.0, Nichtorganische Insomnie), die ihn noch weiter an die psychische und physische Belastungsgrenze bringen. Die letzte Rettung für seine dem Zusammenbruch nahe Psyche ist die Dissoziation eines Persönlichkeitsanteils, den Jack bisher nicht ausleben konnte, wahrscheinlich aufgrund von Angst, Scham und einer Erziehung und Sozialisation, die Anpassung, Unterordnung und den Rückzug in eine materiell-private pseudoheile Welt propagiert haben. Dieser Persönlichkeitsanteil, gespielt von Brad Pitt, heißt Tyler Durden und verkörpert nach eigener Aussage „all das was du immer sein wolltest…„, was in erster Linie Autonomie, Impulsivität, aggressive und sexuelle Exzessivität und grenzenloses Selbstvertrauen bedeutet. Jack leidet, wie er in einer Szene berichtet, darunter, seinen Vater kaum gekannt zu haben und nur von Frauen erzogen worden zu sein. Mit Tyler lebt er sein idealisiertes männlich-kraftvolles Persönlichkeitsideal aus. Die Abspaltung dieses Persönlichkeitsanteils ist zunächst noch notwendig, weil Jack zu tief in seinen Ängsten und Unsicherheiten gefangen ist, um bewusst Veränderungsschritte einleiten zu können.
Ein ähnlicher Zusammenhang besteht im Film Zwielicht zwischen den beiden Persönlichkeitsanteilen Aaron und Roy (diesmal beide gespielt von Edward Norton), wenngleich sich zum Schluss herausstellt, dass, anders als es zunächst den Anschein hatte (und auch anders als in Fight Club), nicht der unsichere, ängstliche Aaron die prämorbide Grundpersönlichkeit verkörpert, sondern dass dieser eine bloße Erfindung des aggressiven und manipulativen Roy, der in Wahrheit doch nicht unter einer multiplen Persönlichkeitsstörung leidet, ist.
Zudem besteht ein Unterschied zwischen den beiden Filmen darin, dass Aaron und Roy nie gleichzeitig auftreten, was, wenngleich sich Roy als Simulant entpuppt, die realistischere Darstellung der multiplen Persönlichkeitsstörung ist, während die ausführlichen Dialoge zwischen Jack und Tyler eher an visuelle und akustische Halluzinationen erinnern, wie sie beispielsweise im Rahmen einer Paranoiden Schizophrenie (ICD-10: F20.0) typisch sind und weniger bei multipler Persönlichkeitsstörung.
Ein anderes Störungsbild, welchem in beiden Filmen eine zentrale Rolle zukommt, ist die Dissoziale Persönlichkeitsstörung. Diese ist nach ICD-10 (F60.2) gekennzeichnet durch:
- Herzloses Unbeteiligtsein gegenüber den Gefühlen anderer
- Deutliche und andauernde verantwortungslose Haltung und Missachtung sozialer Normen, Regeln und Verpflichtungen
- Unfähigkeit zur Aufrechterhaltung dauerhafter Beziehungen, obwohl keine Schwierigkeit besteht, sie einzugehen
- Sehr geringe Frustrationstoleranz und niedrige Schwelle für aggressives, einschließlich gewalttätiges Verhalten
- Fehlendes Schuldbewusstsein oder Unfähigkeit, aus negativer Erfahrung, insbesondere Bestrafung, zu lernen
- Deutliche Neigung, andere zu beschuldigen oder plausible Rationalisierungen anzubieten für das Verhalten, durch welches die Betreffenden in Konflikt mit der Gesellschaft geraten sind
Dies führt zu einer weiteren Gemeinsamkeit beider Filme: Die Darstellung (vermeintlich) dissoziativ gestörter Hauptcharaktere hat auch die Funktion des Hinweises auf dissoziative Elemente im gesamtgesellschaftlichen Geschehen.
In Zwielicht wird der simulierten Persönlichkeitsspaltung des wegen Mordes angeklagten Aaron/Roy die ihrerseits an Persönlichkeitsspaltung grenzende Bigotterie der herrschenden Klasse gegenübergestellt und die durchweg selbstsüchtigen, macht-, ruhm-, geldgierigen und perversen Motive der nach außen hin makellos anständigen Würdenträger aus Gesellschaft, Justiz und Kirche werden vorgeführt.
Fight Club thematisiert ausführlich die dissoziative Gefühlsabspaltung als Massenphänomen in einer Gesellschaft, die durch permanenten materiellen und medialen Passivkonsum und das axiomatische Gebot von Konformität und Selbstoptimierung in einem hypnotischen Zustand geduldeter Unterwerfung und Gefügigkeit gehalten werden soll, welcher wiederum (und hier schließt sich der Kreis) im eigensten Interesse der, in Zwielicht charakterisierten, herrschenden Minderheit sein soll.
Summa Summarum ist Roy ein kaltblütiger Mörder und Tyler ein Extremist und Terrorist. Einen Anstoß, dissoziative Phänomene im eigenen Alltagserleben wahrzunehmen und die Maximen der eigenen Lebensführung einer Überprüfung zu unterziehen, können uns die Filme dennoch liefern.









